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Im neuen Beitrag unserer „Wussten Sie schon, dass…“-Reihe geht es Diabetes-Medikamente und welche Wirkungen diese haben. Vor einigen Jahren war das oberste Ziel einer Diabetes-Therapie, den Blutzucker und damit den HbA1c-Wert zu senken. Die Komplexität einer Diabetes-Erkrankung wurde damals noch nicht in ihrer vollen Ausprägung erkannt. Analysen und Studien haben aber mittlerweile gezeigt, dass Menschen mit Typ-2-Diabetes viel intensiver und individueller betreut werden müssen und eine Zuckerkontrolle alleine bei weitem nicht ausreicht.
Diabetes-Patient:innen werden heute als komplexere Patient:innen angesehen. Individuelle Therapieplanung und personalisierte medikamentöse Therapie müssen möglich sein und sollten auf diese komplexen Erkrankungsbilder genauestens abgestimmt werden. Die Einsatzbereiche der sich am österreichischen Markt befindlichen Medikamente zur Behandlung des Diabetes ermöglichen eine Optimierung der Zuckereinstellung, aber nicht nur das. Die heute verfügbaren Medikamente zeichnen sich auch durch ihre pleiotropen Wirkungen aus.
Was sind pleiotrop wirkende Medikamente und welche gehören zu ihnen?
Pleiotrop wirkend bedeutet, dass die Wirkung des Medikamentes nicht nur auf ein System beschränkt ist, sondern auch an anderen Zielorganen Effekte hervorruft. Zu diesen Medikamenten gehören in der Diabetes-Therapie die SGLT2- Hemmer und die GLP1- Rezeptor-Agonisten. Da sie diese pleiotrope Wirkunge besitzen, sind sie in den Leitlinien der Diabetes-Gesellschaften an vorderste Stelle gerückt, haben aber auch in anderen Leitlinien wie zum Beispiel den Adipositas-, Nephrologie- und Kardiologie-Leitlinien Einzug gehalten.
Die Wirkung der GLP1-Rezeptoragonisten
Schon lange ist bekannt, dass der Blutzuckerspiegel durch Darmhormone reguliert wird. Zu diesen Hormonen zählen die Inkretine GLP-1 (Glucagon -like-Peptid-1) und GIP (Glucose-dependent insulinotropic peptide). Nach einer Mahlzeit werden diese beiden Hormone im Darm freigesetzt und aktivieren das autonome Nervensystem der Darmschleimhaut. Dieses leitet anschließend Signale über den Hypothalamus (Region im Gehirn) an die Zielorgane (Alpha- und Betazellen der Bauchspeicheldrüse, Leber und Magen) weiter. Abhängig vom aktuellen Blutzucker entfalten diese Zielorgane nun ihre Wirkungen. Sie regen die Betazelle der Bauchspeichelzelle zur Insulinausschüttung an und hemmen in der Alphazelle die Glukagon-Bildung und dadurch die Zuckerausschüttung aus der Leber.
Außerdem kommt es durch sie zu einer Verzögerung der Magenentleerung und einer Appetithemmung. Diese Medikamenten-Gruppe muss ähnlich wie Insulin mittels eines Pens täglich oder 1x pro Woche von den Patient:innen selbst ins Unterhautfettgewebe injiziert werden. Da es sich hier nicht um ein Insulin handelt, besteht kein Unterzuckerungs-Risiko (Ausnahme: Kombination mit Insulin oder Sulfonylharnstoffen). Neben den zuckersenkenden Effekten führen diese Medikamente zu einer Gewichtsabnahme, senken das Herz-Kreislauf-Risiko, verringern das Risiko einer Dialyse und können auch eine Reduktion des Leberfettes beitragen. Zusätzlich zum Einsatz bei Menschen mit wird diese Substanz-Gruppe auch in der Therapie bei Übergewicht erfolgreich eingesetzt.
Wie wirken SGLT2-Hemmer und wo werden sie eingesetzt?
2019 applaudierte ein ganzer Kongress, als Studien-Daten zu einem Medikament aus dieser Gruppe vorgestellt wurden. Diese Medikamenten-Gruppe konnte zeigen, dass durch deren Einnahme das Herz-Kreislauf Risiko der Diabetes Patient:innen deutlich gesenkt werden, ein Schutz der Nieren möglich sein und eine bestehende Herzinsuffizienz (Herzschwäche) positiv beeinflusst werden kann.
Die zuckersenkende Wirkung dieser Substanzklasse findet an der Niere statt. Hier findet eine Art Dialyse statt, was bedeutet, dass Zucker durch Hemmung eines Kanals der Niere nicht mehr aus dem Harn aufgenommen wird und dadurch im Harn verbleibt. Dieser Zucker nimmt Wasser mit und es kommt neben der Zuckersenkung zu einem Wasser entziehenden Effekt.
Viele Studien liegen zu der Substanzklasse der SGLT2-Hemmer vor. Diese Medikamente werden heute neben dem Einsatz in der Diabetes-Therapie auch bei Patient:innen mit einer Niereninsuffizienz und Herzinsuffizienz verwendet, ohne dass diese einen Diabetes aufweisen müssen. Studien konnten eindeutig belegen, dass SGLT2- Hemmer relativ nebenwirkungsfrei auch bei Nicht-Diabetiker:innen mit der Indikation Niereninsuffizienz und Herzinsuffizienz eingesetzt werden können und sollten.
Conclusio
Antidiabetika werden heute wegen ihren pleiotropen Wirkungen nicht mehr nur in der Diabetes-Therapie eingesetzt, sondern erfahren zunehmend weitere Einsatzgebiete und Krankheitsentitäten: Diese begleiten in unterschiedlichem Ausmaß Menschen mit Diabetes. Ziel der Diabetes-Therapie ist es heute Medikamente rechtzeitig, aber auch auf jeden einzelnen Menschen individuell abgestimmt einzusetzen und die pleiotropen Wirkungen voll auszunutzen.
Autorin: Dr. Birgit Mallinger-Taferner
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