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3. Februar 2023… man in Deutschland Handy-Apps auf Rezept bekommt?
Immer mehr Menschen leiden an chronischen Krankheiten. Die Ressourcen im Gesundheitssystem, und hier insbesondere beim ärztlichen und beim pflegerischen Personal, können kaum mithalten – vielerorts ist bereits ein massiver Personalmangel zu beobachten.
Ein möglicher Weg, um diese Engpässe auszugleichen, ist die Digitalisierung von Versorgungsleistungen – plakativ ausgedrückt: Wenn mein Arzt keine Zeit hat, ist das Mobiltelefon künftig mein Ansprechpartner.
Aber kann das funktionieren?
Im benachbarten Deutschland gibt es seit zwei Jahren sogenannte „Apps auf Rezept“. Die korrekte Bezeichnung lautet „digitale Gesundheitsanwendungen“, abgekürzt DIGAs. DIGAs sind Apps, die – abgestimmt auf abgegrenzte Zielgruppen, z. B. Menschen mit Diabetes oder Übergewicht oder psychischen Problemen – bestimmte Aufgaben übernehmen, die der Gesundheit der Anwender/innen zugutekommen sollen.
DIGAs ersetzen natürlich keine ärztliche Behandlung und treffen auch keine Therapieentscheidungen. Was sie aber können: den Krankheitsverlauf überwachen, mögliche Probleme identifizieren, zu einer gesundheitsförderlichen Lebensweise anleiten und insgesamt dazu beitragen, dass die Zeit bis zum nächsten Termin in der Ordination oder Ambulanz bestmöglich verläuft. Letzten Endes soll dadurch auch der eine oder andere Kontakt mit dem Gesundheitssystem eingespart werden.
Damit die Anwender:innen tatsächlich profitieren und niemand zu Schaden kommt, gibt es strenge Auflagen: DIGAs müssen als Medizinprodukte zertifiziert werden, alle Auflagen der Datenschützer erfüllen und vor allem: Sie müssen ihre Wirksamkeit und ihre Sicherheit in Studien beweisen – ähnlich wie das auch bei Medikamenten der Fall ist. Und verwenden kann man die Apps auch nur dann, wenn sie von einem Arzt oder einer Ärztin verschrieben werden, den Code zum Freischalten der Anwendung bekommt man dann von der Krankenkasse zugeschickt.
An die 40 DIGAs sind derzeit zugelassen, darunter zwei für Menschen mit Diabetes.
Apps auf Rezept auch bei uns in Österreich?
Was in Deutschland anscheinend ganz gut funktioniert, sollte doch auch bei uns machbar sein, nicht wahr? Aber ganz so einfach ist es nicht.
Im Rahmen eines „4Gamechangers Health Talks“ auf Einladung der Diabetes Initiative Österreich diskutierten kürzlich hochrangige Expertinnen und Experten darüber, ob DIGAs in der Lage wären, einige der Probleme im österreichischen Gesundheitswesen zu lösen (mehr dazu hier). Dabei wurde klar, dass DIGAs die bestehenden Gesundheitsleistungen sinnvoll ergänzen könnten und das Potenzial haben, die Gesundheitsversorgung in manchen Punkten zu verbessern. Personalmangel und die grundlegenden Strukturprobleme im heimischen Gesundheitswesen (z. B. genereller Fokus auf Akutmedizin auf Kosten der Versorgung chronischer Erkrankungen, zersplitterte Zuständigkeiten, ungleiche regionale Verteilung der Ressourcen) können mit DIGAs aber natürlich nicht angegangen werden. Auch können digitale Gesundheitscoaches zwischenmenschliche Kontakte nicht ersetzen.
Sozialversicherung, Bund und Länder arbeiten angeblich gerade an einer e-Health-Strategie, in der auch digitale Gesundheitsanwendungen ihren Platz finden sollen; die Eckpfeiler sollen noch vor Jahresende stehen. Man wird sehen, wie lange wir auf konkrete Resultate warten müssen und wann die neuen „digitalen Helferlein“ den Weg zu den Patientinnen und Patienten in Österreich finden werden.
Tipp: Wer Lust hat die ganze Diskussion zu sehen, findet diese unter https://www.wirsinddiabetes.at/keine-aerzte-keine-termine-wir-haben-ein-strukturproblem/
Text: Dr. Birgit Mallinger-Taferner, Vorstand „wir sind diabetes“