Vielen Dank und alles Gute, Herr Minister Anschober!
13. April 2021Gedanken zum neuen Jahr 2022
31. Dezember 2021Wünschenswerte Veränderungen zur Verbesserung der Diabetes-Versorgung in Österreich
13. November 2021 – Forderungskatalog von „wir sind diabetes“ – Dachorganisation der Diabetes-Selbsthilfe Österreich
Am 29. März 2017 wurde vom Bundesministerium für Gesundheit und Frauen die österreichische Diabetes Strategie veröffentlicht. Die Diabetes Strategie wurde in einem breit angelegten partizipativen Entwicklungsprozess, an dem mehr als 100 Stakeholder beteiligt waren, entwickelt. Die Themen, die die Diabetes Strategie umfasst sind: Prävention, Diagnose, Therapie, Versorgung und Forschung und gibt in sechs Wirkungszielen vor, wie sich Österreich in Bezug auf den Umgang mit Diabetes in den nächsten 5–10 Jahren weiterentwickeln soll.
Wir, die Dachorganisation der Diabetes Selbsthilfe Österreich „wir sind diabetes“ sehen dringenden Handlungsbedarf, betreffend der Umsetzung der Diabetes Strategie und vor allem der Versorgung der Betroffenen. Wir möchten mit diesem Schreiben bestehende Mängel aufzeigen, aber auch unsere Ideen zur Verbesserung und Weiterentwicklung der Diabetes-Versorgung in Österreich vorstellen.
Ausgangslage
- Die Anzahl an Menschen mit Diabetes ist in Österreich weiterhin stark steigend.
- Die Behandlungskomplexität und dadurch auch der Betreuungsaufwand sind deutlich gestiegen, denn moderne Diabetes-Betreuung erfordert eine Personalisierung der Diabetes-Therapie, individuellere Schulungsmodelle und außerdem die Implementierung neuer Technologien.
- Regelmäßige Therapiegespräche mit chronisch-kranken Patient*innen beanspruchen mehr Zeit als in den bestehenden Abrechnungsmodellen üblicherweise vorgesehen ist.
- Die bestehenden Ressourcen im Gesundheitswesen reichen nicht aus, um Menschen mit Diabetes dem Stand medizinischen Wissens entsprechend adäquat zu versorgen und zu betreuen. Es sollten daher dringend zusätzliche Ressourcen geschaffen und bestehende Ressourcen aufgewertet und optimiert werden. Das Ziel ist: Es gibt eine kontinuierliche, flächendeckende, leicht zugängliche und qualitativ hochwertige moderne Diabetes-Versorgung in Österreich.
Defizite und Herausforderungen
- Im Rahmen der COVID-19-Pandemie kam es durch geschlossene Diabetes-Ambulanzen in Krankenhäusern und zugleich fehlende bzw. unzureichende Angebote im niedergelassenen Bereich zu Engpässen in der Diabetes-Versorgung.
- Pandemie-unabhängig führen lange Wartezeiten auf einen ambulanten Termin und eine oft unflexible Terminvergabe an Diabetes-Ambulanzen in Krankenhäusern zu Verzögerungen bei der Therapieanpassung.
- Eine unzureichende Implementierung neuer Technologien im niedergelassenen Bereich (zB Sensoren, Sensor-Auslese-Software für Diabetes Devices, u.a.m.) ist nicht zuletzt aufgrund des rasch wachsenden Diabeteswissen gegeben.
- Durch das Fehlen einer rechtzeitig eingreifenden, qualitativ hochwertigen Unterweisung durch Fachkräfte vor allem im niedergelassenen, niederschwelligen Bereich, kommt es zu einem zögerlichen Therapiestart und zu einer verzögerten Therapieoptimierung mit entsprechenden Konsequenzen (Begleit- und Folgekomplikationen) für die Betroffenen.
- Für Menschen mit komplexeren Krankengeschichten oder komplexeren Therapieanforderungen gibt es generell kaum Versorgungsangebote und zu wenige fachspezifische Ansprechstellen.
- „Therapie Aktiv“-Ärzte und niedergelassene Kassenärzte bieten selten ambulante Schulungen durch speziell ausgebildete Fachkräfte – Diabetesberatung/ Diabetesberater*innen, Ernährungsberatung, Wundberatung, Bewegungsberatung, psychologische Betreuung – an, da diese Leistungen derzeit nicht von den Kassen getragen werden.
- Betroffene werden teilweise nicht über das bestehende Disease-Management-Programm (DMP) „Therapie Aktiv“ aufgeklärt.
- Trotz Betreuung durch „Therapie-Aktiv“-Ärzte ist die Versorgung von Menschen mit Diabetes in Pflege- und Wohnheimen vielerorts unzureichend.
- Menschen mit diabetischen Ulcera und Fußsyndromen und diabetischer Polyneuropathie haben verbreitet keinen Zugang zu einer zeitnahen adäquaten Versorgung und Betreuung.
- Erst seit Covid-19 wurden auch telemedizinische Konsultationen möglich. Von der Ausweitung und Optimierung dieser Möglichkeiten könnte gerade die Versorgung von Menschen mit Diabetes enorm profitieren.
Wünschenswerte Veränderungen
- Forcierung der Fortbildung der „Healthcare-Professionals“, da sich das Diabeteswissen rasch erweitert
- Ausbau des Schulungsangebotes (Erst- und Folgeschulungen)
- Frühzeitige Schulungsangebote
- Österreichweit einheitliches Schulungsmodell
- Steigerung der Qualität der Schulungseinheiten und somit der Kompetenz jener Personen, die „Therapie-Aktiv“ anbieten
- Die Schulung durch extramurale Diabetesberatung/Diabetesberater*innen sollte eine Kassenleistung sein – dadurch wird eine extramurale Schulung überhaupt erst möglich. Ebenso würde dadurch eine flexiblere und an den Lebensalltag angepasste Versorgung der Betroffenen (Arbeitsalltag, Pflegeheim, …) erleichtert.
- Schaffung von extramuralen Diabetes-Versorgungszentren mit breit aufgestellten Teams (Ärzt*innen, ausgebildete Diabetes-Berater*innen, Ernährungsberater*innen, Bewegungsberater*innen, psychologische Betreuung) und Aufwertung der bestehenden Kompetenz.
- Enge Zusammenarbeit zwischen Diabetes-Beratung und Diabetes-Ordination sollte zwingend sein. Aufwertung des DMP „Therapie-Aktiv“ durch den Nachweis von absolvierten und nachweislich erfolgreich bestandenen Diplomen in regelmäßigen Abständen (sowohl des DMP-Arztes als auch seines Teams).
- Überprüfung der an „Therapie-Aktiv“ teilnehmenden Ärzte, ob die vereinbarten Anforderungen auch erfüllt werden.
- Die diabetische Wund- und Polyneuropathie-Versorgung müsste extramural möglich gemacht und finanziert werden.
Autoren:
OÄ Drin. med. Birgit Mallinger-Taferner, LKH Villach, Vorstand „wir sind diabetes“
Dipl.-Päd. Helmut Thiebet, Bundesvorsitzender Österreichische Diabetikervereinigung, Vorstand „wir sind diabetes“
Dipl.-Ing. Harald Führer, Präsident „wir sind diabetes“ – Dachorganisation der Diabetes Selbsthilfe Österreich
Kontakt: wir sind diabetes – Dachorganisation der Diabetes Selbsthilfe Österreich,
c/o Karin Duderstadt (Geschäftsführung), Salzwiesengasse 46/7/1/1, 1140 Wien,
E-Mail: office@wirsinddiabetes.at