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12. Juni 2020Laufen und Walken gegen Diabetes: Macht mit bei der 5K@EASD Austrian Challenge!
27. August 2020Menschen mit Diabetes nicht auf ihre Erkrankung reduzieren!
In ihrer Sommer-Pressekonferenz sprachen sich Vertreter der Österreichischen Diabetes Gesellschaft gegen die Stigmatisierung von Menschen mit Diabetes und für eine gesicherte die Versorgung aller Betroffenen auf Basis der wissenschaftlichen Datenlage aus. “wir sind diabetes” war dabei.
Es gibt keinen leichten oder schweren Diabetes – Diabetes ist immer eine ernstzunehmende Erkrankung. Allerdings haben die Fortschritte bei Medikamenten und Medizintechnik zu einem deutlichen Rückgang von Folgeerkrankungen geführt und ermöglichen vielen Betroffenen ein unbeschwerteres Leben. Die Herausforderung liegt darin, diese Fortschritte allen, die davon profitieren, auch zugänglich zu machen. Und: Menschen mit Diabetes sind kein Kostenfaktor, sondern vollwertige Mitglieder unserer Gesellschaft, die Respekt verdienen und ein Anrecht auf adäquate medizinische Versorgung haben.
Soweit, kurz zusammengefasst, die Kernbotschaften eines Pressegesprächs, zu dem die Österreichische Diabetes Gesellschaft (ÖDG) am 25. Juni geladen hat. Auf dem Podium neben dem Führungsduo der ÖDG, Prof. Susanne Kaser (Medizinische Universität Innsbruck) und Prof. Harald Sourij (Medizinische Universität Graz): Markus Sauer, ein junger Mann, der trotz Typ-1-Diabetes innerhalb eines Jahres Marathonläufe in allen Bundesändern absolviert hat, und die Geschäftsführerin von „wir sind diabetes“, Karin Duderstadt.
„Menschen mit Diabetes“, nicht „Diabetiker“
Duderstadt forderte einmal mehr, den Begriff „Diabetiker“ aus dem Sprachgebrauch zu eliminieren. „Das gibt es bei kaum einer anderen Erkrankung, dass Betroffene mit einer einfachen Begriffszuschreibung darauf reduziert werden. Man kann das als Spitzfindigkeit sehen, jedoch schafft Sprache oftmals Wirklichkeit. Der Mensch muss im Vordergrund stehen und nicht die Erkrankung. Menschen mit Diabetes haben es verdient, dass sie nicht als medizinisches Problem oder als Kostenfaktor wahrgenommen werden, sondern als vollwertige Mitglieder unserer Gesellschaft, die Respekt verdienen und ein Anrecht auf adäquate medizinische Versorgung haben.“
Gerade die Debatte um die Klassifizierung der Corona-Risikogruppen habe gezeigt, dass man Menschen nicht auf ihre Erkrankung reduzieren kann, so Duderstadt weiter. „Es geht nicht nur darum, wie man als Behörde die Gesundheitsrisiken einzelner Bevölkerungsgruppen am effizientesten administriert, sondern um die Sorge vieler Betroffenen vor Stigmatisierung und nicht zuletzt auch um ihren Arbeitsplatz.“
Diabetes ist keine Lebensstilerkrankung
ÖDG-Präsidentin Kaser sprach sich dagegen aus, Diabetes als selbstverschuldete Lebenstilerkrankung zu sehen. „Die stereotype Aufforderung ‚Iss ein bisschen weniger und beweg dich mehr‘ reicht nicht aus. Uns muss bewusst sein, dass es keinen ‚leichten Diabetes‘ gibt, sondern dass diese Erkrankung für jede betroffene Person ein großes Gesundheitsrisiko birgt und einen massiven Einschnitt in den Alltag darstellt.“
Die medizinisch-wissenschaftlichen und technischen Errungenschaften der letzten zwei Jahrzehnte haben dazu geführt, dass sich die Lebenssituation von Menschen mit Diabetes verbessert hat: Harald Sourij: „Die zentralen Verbesserungen für Menschen mit Diabetes beziehen sich auf die Blutzuckerkontrolle und die Verhinderung von Folgeerkrankungen. Die Blutzuckerkontrolle ist durch Wissenschaft und Technik einfacher, komfortabler und exakter zu erreichen, was Nebenwirkungen, wie den gefährlichen Unterzucker, reduziert. Gleichzeitig können neue Medikamente Folgeerkrankungen wie Herzinfarkte, Schlaganfälle und Nierenkomplikationen senken. Sogar die gesamte Überlebenszeit kann durch diese Fortschritte deutlich gesteigert werden.“
Diabetesversorgung für alle sicherstellen
Sourij machte aber auch deutlich, dass strukturelle Voraussetzungen nötig sind um, den Zugang zu diesen Innovationen zu ermöglichen: „Aktuelle internationale Daten zeigen, dass knapp zwei Drittel jener Patientinnen und Patienten, die von neuen Therapien profitieren könnten, diese noch nicht erhalten.“
Prof. Kaser ergänzend: „Nicht die Erkrankung darf den Alltag bestimmen, sie muss sich in den Alltag der Menschen integrieren lassen. Dafür ist genau darauf zu achten, dass auch der Zugang zu den medizinischen und technischen Innovationen für jeden Menschen mit Diabetes möglich ist. Dazu fordert die ÖDG den flächendeckenden Ausbau und die Adaptierung des Disease Management Programms „Therapie Aktiv“. Weiters fordert sie eine Praxis bei der Bezahlung von Arzneimitteln und Heilbehelfen, die den evidenzbasierten Behandlungsleitlinien folgt. Zusätzlich ist ein österreichweites Diabetes-Register notwendig, um die Versorgungsplanung für alle Menschen mit Diabetes auf ein wissenschaftliches Fundament zu stellen.“
Link zu den Presse-Statements und zur Video-Aufzeichnung des Pressegesprächs.
(abr)